NO HIT WONDER

Inhalt: Daniel hat den Tiefpunkt erreicht: Einst sang das Olympiastadion seinen Song, heute liegt er nach einem missglückten Suizidversuch auf der Psychiatrie. Kein Label ruft an. Geblieben ist ihm nur sein alter Hit, ein Lied, das ihm alles brachte und gleichzeitig alles genommen hat. Hier trifft er auf Dr. Lissi Waldstett (Nora Tschirner), eine Glücksforscherin, die mehr Klo-Eimer leert als Forschung betreibt. Lissi braucht Aufmerksamkeit für ihr Thema, Daniel (Florian David Fitz) will einfach nur raus. Sie machen einen Deal: Er bekommt seine Freiheit zurück, wenn er mit ihr eine Gruppe einsamer Menschen durch gemeinsames Singen wieder glücklich macht. Was als Zweckbündnis beginnt, wird zur emotionalen Reise, bei der keiner mehr weiß, wer hier eigentlich wen heilt.

© Warner Bros. DE

Ein Popstar am Abgrund

Der Film beginnt laut, fast überdreht. Der ehemalige Popmusiker Daniel (Fitz) ist ein Mann, der sich in der Fassade seines Erfolgs verloren hat. Zwischen Interviews, oberflächlichen Beziehungen und Selbstinszenierung bricht er zusammen, nicht spektakulär, sondern still, wie ein System, das zu lange unter Spannung stand. In der Klinik findet er sich zwischen Medikamenten, Gruppentherapie und Schicksalen wieder, die ihm unheimlich vertraut vorkommen.

Daniel war einmal ein Idol. Ein Mann, dessen Stimme Stadien füllte, dessen Name in Leuchtschrift erstrahlte. Doch Ruhm ist ein flüchtiger Begleiter. Jahre später sitzt er auf einer geschlossenen Station, erschöpft, ausgebrannt und vom Leben betäubt. Nur der Echohall seines alten Hits begleitet ihn noch, ein Lied, das ihn einst berühmt machte und heute quält. Die Kamera von Max Preiss hält dabei nicht auf Distanz, sondern beobachtet präzise, empathisch, manchmal fast liebevoll.

Keine überzogene Dramatik, keine Inszenierung von Leid, sondern ein ehrlicher Blick auf Menschen, die versuchen, wieder Tritt zu fassen: das zögerliche Wiedererwachen von Würde, Zugehörigkeit und Lebensmut. No Hit Wonder vermeidet die Klischees, die man aus Filmen mit psychiatrischem Hintergrund kennt. Es gibt keine Erlösung im klassischen Sinne, kein Hollywood-Ende. Stattdessen entfaltet der Film einen feinen Rhythmus aus stiller Wut, Humor und stiller Erkenntnis.

NO HIT WONDER
© Warner Bros.DE

Ein Film über das Menschsein im Ausnahmezustand

Florian David Fitz spielt diese Wandlung mit erstaunlicher Zurückhaltung. Sein Daniel ist weder Opfer noch Held. Er ist ein Mensch, der fällt, weil er aufhört, sich an etwas zu klammern, das längst Teil seiner Vergangenheit geworden ist, die er nicht akzeptieren kann. Doch unter der Oberfläche verbirgt sich eine traurige Geschichte darüber, was Ruhm mit Menschen machen kann. Im Film werden die psychiatrische Klinik und der Musik-Chor zum Mikrokosmos einer Gesellschaft, die Leistung und Konformität über alles andere stellt.

In den Gesprächen mit den Chor-Teilnehmern und in kleinen Alltagsmomenten offenbart sich eine stille Rebellion gegen das Funktionieren-Müssen. No Hit Wonder erinnert in seiner Haltung an Klassiker wie Einer flog über das Kuckucksnest und Durchgeknallt (Girl, Interrupted), kombiniert mit der Melancholie von Crazy Heart und Blaze. Es ist weniger eine Anklage als ein Akt der Empathie gegenüber jenen, die straucheln. Dietrich zeigt, dass Heilung nicht in der Abwesenheit von Schmerz liegt, sondern im Annehmen des Unvollkommenen.

Es ist ein Film über das Aufstehen, wenn niemand zuschaut. Über das Finden von Würde im eigenen Chaos. Und über die Schönheit des Unperfekten. In der Schlussszene spielt Daniel gemeinsam mit der gesamten Musiktherapie-Gruppe ein Lied, das einem Chormitglied und dessen Frau gewidmet ist. Es ist ein aufrichtiges Dankeslied an das Leben, an die Verbundenheit und an den Mut, sich zu öffnen.

Fazit: Leider macht es sich No Hit Wonder im letzten Teil des Films etwas zu bequem in seiner Mainstream-Wohlfühloase und doch ist es eine Tragikomödie, die den Zuschauer berührt, ohne zu belehren. Florian Dietrich inszeniert mit Mut und Einfühlungsvermögen: ein Film über Menschen in ihrer radikalsten Form: seelisch angeschlagen, an ihrer eigenen Existenz zweifelnd und doch voller Lebenslust. Der Film selbst spiegelt seine Protagonisten wider: nicht perfekt, aber liebenswert.

Film Bewertung 7 / 10